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Moderator für die Freizeitanlage: Erik Flügge im Interview

30. September 2015

Erik Flügge wird den Bürger-Workshop zur neuen Freizeitanlage moderieren. Ein Gespräch mit dem Moderator über Bürgerbeteiligung im Allgemeinen und den bevorstehenden Workshop im Speziellen.

Herr Flügge, Sie sind ausgewiesener Experte für Bürgerbeteiligung. Man kann Bürgerbeteiligung nicht als Studienfach belegen. Wie kam es bei Ihnen zu dieser Spezialisierung?

Ich habe Politikwissenschaften studiert. Daneben habe ich mich immer im Ehrenamt engagiert, zum Beispiel in der Jugendverbandsarbeit und in der Kirche. Für mich also eine ganz natürliche Entwicklung. Ich brachte beruflich zusammen, was in meinem Leben ohnehin schon zusammengehörte.

Am 10. Oktober sind besonders Ihre Fähigkeiten als Moderator gefragt. Experte für Bürgerbeteiligung und für Moderation – ist das nicht eine schwierige Doppelfunktion, die Sie da einnehmen?

Im Gegenteil. Ein Bürgerbeteiligungsprozess braucht immer die Moderation. Ohne gute Moderation ist kein echter Bürgerbeteiligungsprozess denkbar. Wobei ich mein Augenmerk besonders auf zwei Punkte lenke: Erstens versuche ich immer ein Gespür für die Bedürfnisse der Menschen zu haben, die an dem Tag dabei sind. Was brauchen sie in den verschiedenen Projektphasen, was tut jetzt in diesem Augenblick not? Ich nehme die Teilnehmer sehr ernst. Dazu passt auch der zweite Punkt, nämlich die Vermittlung von absoluter Transparenz. Positive Dynamik entsteht maßgeblich durch absolute Offenheit. Das heißt, alle wichtigen Fakten kommen klar auf den Tisch – zum Beispiel räumliche oder finanzielle Begrenzungen, also durchaus auch Themen, die man im ersten Moment vielleicht nicht so gerne hören möchte.

Sie gehen völlig ergebnisoffen in den Tag hinein. Heißt das, Sie geben nur den formalen Rahmen vor? Oder geben Sie den Teilnehmern auch inhaltliche Inputs an die Hand?

Meine Rolle ist eine neutrale. Es ist meine Aufgabe, Ergebnisse zu ermöglichen, nicht diese zu bestimmen. Wir werden beispielsweise durch die Ortsbegehung die teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzen, ihre eigenen Ideen zur Sprache zu bringen. Da braucht es mich ganz sicher nicht als jemanden, der dann meint, alles besser zu wissen. Die Herrenbergerinnen und Herrenberger sind selbst schlau genug.

Ein paar Worte zum geplanten Ablauf …

Nach der Begrüßung und Einführung durch den Oberbürgermeister gehen wir raus aufs Feld. Sammeln visuelle Eindrücke, machen uns ein Bild vom Ort vor Ort. Wie sind die Höhenverhältnisse? Welche Blickachsen erschließen sich? Wo sind die Grenzen? Danach lösen wir uns physisch von der Fläche und gehen zurück in die Mensa. Gruppen finden sich zusammen und bringen erste Gedanken und Ideen auf Papier. Es folgt eine erste Präsentation, die vorgestellten Ergebnisse werden in einer weiteren Gruppenrunde verdichtet und wiederum präsentiert.

Erst raus aufs Feld, dann rein in die Diskussion. Wie das genau vonstatten gehen wird, da lassen wir uns gerne von Ihnen überraschen …

… Lassen Sie mich an einem konkreten Beispiel erklären, worauf wir zusteuern wollen. Nehmen wir an, jemand malt Felsbrocken kreuz und quer auf die Papierlandschaft. Warum? Die Botschaft dahinter könnte der Wunsch nach Rückzugsgebieten sein, nach erhöhten Sitzflächen, die zudem nicht akkurat in Reih und Glied nebeneinander aufgereiht stehen sollen. Was ich sagen möchte: Wir wollen an den Punkt kommen, an dem wir konkrete Wünsche in Ansprüche umformulieren. Ansprüche, die trotz limitierter Topografie und begrenztem Budget von den Planern aufgegriffen und realisiert werden können.

Ihr Büro ist in Köln. Wie kam der Kontakt zu Herrenberg zustande?

Der Kontakt besteht nicht erst seit gestern. Tatsächlich ist Herrenberg die erste Stadt, die mich als Begleiter und Moderator für einen Bürgerprozess mit ins Boot holte. Damals in 2012 starteten wir zusammen mit dem Stadtjugendring das Jugendbeteiligungsmodell, das dieses Jahr im Februar in einem Jugendforum gipfelte. Dort war auch Herr Kraus von den Technischen Diensten als Gastredner dabei, und so kam der Stein für diesen Bürger-Workshop ins Rollen.

Bürger-Workshops, die Sie in ähnlicher Weise auch in anderen Städten schon veranstaltet haben.

Ja, ungefähr 40 Mal, quer durch die Republik.

Was ist Ihr Wunsch für den 10. Oktober?

Mein Traum ist, dass uns die Leute mit Ideen und Vorschlägen überraschen. Dass sie Gedanken äußern, auf die wir im Vorbereitungsteam im Vorfeld noch gar nicht gekommen sind. Dass der Blick auf etwas gelenkt wird, das in der Form bis jetzt noch von niemandem angedacht oder bedacht wurde. Das würde mich glücklich machen.

Fotos: Tilmann Hesse

Erik Flügge ist Geschäftsführer der S&N Kommunalberatung in Köln. Er plant und moderiert mit seinen Kolleginnen und Kollegen bundesweit Bürgerbeteiligungsprozesse.

www.sn-kommunalberatung.de 

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